Anforderungen an eine wirksame Belehrung nach § 19 Abs. 5 S. 1 VVG

Die Rücktritts-, Kündigungs- oder Anpassungsrechte des Versicherers aus § 19 Abs. 2 – 4 VVG setzten gemäß § 19 Absatz 5 S. 1 VVG voraus, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung durch „gesonderte Mitteilung in Textform“ belehrt hat.

 

Gemäß § 19 Absatz 1 VVG ist der Versicherungsnehmer vor Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung dazu verpflichtet, alle gefahrerheblichen Umstände anzuzeigen, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat. Das heißt, der Versicherungsnehmer muss die für den Versicherer erheblichen Gesundheitsfragen wahrheitsgemäß und vollständig beantworten.

Wenn der Versicherungsnehmer diese Anzeigepflicht verletzt, kann der Versicherer, abhängig vom Verschulden des Versicherungsnehmers, gemäß § 19 Absatz 2 – 4 VVG vom Vertrag zurücktreten (vorsätzliche oder grob fahrlässige Nichtanzeige), kündigen oder den Vertrag anpassen (fahrlässige Nichtanzeige).

Um im Versicherungsfall ein Rücktritts-, Kündigungs- oder Anpassungsrecht beanspruchen zu können, muss der Versicherer den Versicherungsnehmer vor Vertragsschluss durch eine gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen haben.

Wenn diese Belehrung durch gesonderte Mitteilung in Textform nicht erfolgt oder wenn sie aus anderen Gründen nicht wirksam ist, dann stehen dem Versicherer die vorgenannten Rechte nicht zu, selbst wenn ggf. eine Anzeigepflichtverletzung vorliegt.

Der Versicherer trägt auf jeden Fall die Darlegungs- und Beweislast für die ordnungsgemäße Belehrung gemäß § 19 Absatz 5 S. 1 VVG.

Welchen formalen Kriterien muss nun eine gesonderte Mitteilung in Textform genügen?

Nach § 19 Absatz 5 S. 1 VVG erfordert die gesonderte Mitteilung in Textform über die Folgen vorvertraglicher Anzeigepflichten nicht automatisch die Erstellung eines gesonderten Dokuments. Wenn ein Versicherer sich nun dazu entschließt, diesen Belehrungstext in das Antragsformular zu integrieren, muss er bestimmten formalen Anforderungen gerecht werden, um sicherzustellen, dass der Antragsteller diesen Hinweis auch zur Kenntnis nehmen kann.

Ein Praxisbeispiel: Obwohl eine gesonderte Mitteilung in Textform in einem Antragsformular den Gesundheitsfragen vorangestellt war, ein Hinweis sich in der Rubrik „Schlusserklärungen und Unterschriften“ befand und ein weiterer Hinweis in einer zusätzlichen „Erklärung zum Antrag“, kam das Oberlandesgericht Hamm zu dem Schluss, dass dem Versicherer kein Rücktrittsrecht zustehe, weil sie den Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß im Sinn von § 19 Abs. 5 S. 1 VVG belehrt habe (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 13.2.2015  – 20 U 169/14; vgl. auch OLG Stuttgart, Urt. v. 13.3.2014 – 7 U 216/13).

Das Oberlandesgericht führt unter anderem aus, dass bei Aufnahme eines Belehrungstextes in ein Antragsformular oder in eine gesondert unterzeichnete Erklärung dieser Belehrungstext drucktechnisch so gestaltet sein müsse, dass er sich deutlich abhebe und nicht übersehen werden könne. Der Belehrungstext unterscheide sich aber weder in Hinblick auf die durchwegs kleine Schriftgröße noch auf die Schriftart oder die fettgedruckten Überschriften vom übrigen Text. Für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer gehe dieser Belehrungstext im übrigen Text vollständig unter. Mit diesem Urteil folgte das Oberlandesgericht Hamm der gängigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der bereits zuvor formale Anforderungen an eine wirksame Belehrung mehrfach formuliert hatte (vgl. BGH, Urt. v. 9.1.2013 – IV ZR 197/11; BGH, Beschluss v. 11.09.2013 – IV ZR 253/12; OLG Stuttgart, Urt. v. 26.9.2013 – 7 U 101/13).

 

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