OLG Hamm: Zum Erfordernis der Belehrung gem. § 19 Abs. 5 VVG durch gesonderte Mitteilung in Textform

OLG Hamm,
Beschluss v. 13.2.2015 – 20 U 169/14

Zum Erfordernis der Belehrung gem. § 19 Abs. 5 VVG durch gesonderte Mitteilung in Textform

 

Hinweisbeschluss

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.
Die Berufung ist aufgrund des Hinweisbeschlusses zurückgenommen worden.

 

Gründe:

Die Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung des Berufungsgerichts.

I.

Der Kläger wendet sich im Wege der Feststellungsklage gegen den von der Beklagten ausgesprochenen Rücktritt des mit Versicherungsschein vom 24.01.2012 policierten Krankenversicherungsvertrag bzw. gegen die in erster Instanz erklärte Anfechtung dieses Vertrages wegen arglistiger Täuschung.

Der Kläger hat den Antrag vom 19.11.2011 über den als Versicherungsmakler tätigen Streitverkündeten eingereicht und dabei zu den Gesundheitsfragen lediglich die Frage „Untersuchungen und Behandlungen in den letzten drei Jahren“ bejaht und insoweit auf eine Mandelentzündung im Jahr 2009 verwiesen. Vorangestellt war den Gesundheitsfragen auf der letzten Seite des Antragsformulars folgender Hinweis:

„Die Gesundheitsfragen sind nach bestem Wissen sorgfältig, vollständig und richtig zu beantworten. Eine Verletzung Ihrer vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen. Bitte beachten Sie hierzu die Ausführungen zur Bedeutung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gemäß § 19 Abs. 5 VVG unter Ziffer 12. der Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen.“

Außerdem fand sich unter der Rubrik „Schlusserklärungen und Unterschriften“ folgender

„Hinweis: Bevor Sie den Antrag unterschreiben, lesen Sie bitte auch die Erklärungen auf den letzten Seiten. Sie enthalten unter anderem Ihre Erklärung zur Entbindung von der Schweigepflicht (siehe Ziffer 8 a und c), Ihre Einwilligung nach dem Bundesdatenschutzgesetz (siehe Ziffer 9) und die Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht (s. Ziffer 12). Mit Ihrer Unterschrift machen Sie die Erklärungen zum Inhalt des Antrags.“

Diese dem Antragformular beigefügten Erklärungen enthielten unter Ziffer 12 eine

„Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht“.

Außerdem ließ sich die Beklagte eine „Erklärung zum Antrag“ unterzeichnen, in der sich u. a. folgender „Hinweis zur vorvertraglichen Anzeigepflicht“ befand:

„Die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen. Bitte beachten Sie hierzu die Erklärungen auf den letzten Seiten Ihres Antrages. Sie enthalten u.a. die Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht.“

Wegen der formalen Gestaltung und der weiteren inhaltlichen Einzelheiten der Antragsunterlagen und Erklärungen wird auf die Anlagen K 1 (Bl. 13 ff GA), sowie BLD 1 und BLD 2 (Bl. 55 – 57 GA) verwiesen.

Unstreitig hatte sich der Kläger im relevanten Zeitraum auch wegen eines atopischen Ekzems bzw. Psoriasis vulgaris Salben verschreiben und wegen Blockierungen im BWS- und HWS-Bereich chiropraktisch behandeln lassen. Im Hinblick darauf erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 18.01.2013 den Rücktritt vom Krankenversicherungsvertrag (Bl. 25 GA).

Der Kläger hat dazu behauptet, dass der Versicherungsmakler ihm bei Schilderung dieser Vorbehandlungen, die sich aus seiner Sicht als trockene Hautstellen hinter den Ohren und gelegentliche Rückenbeschwerden darstellten, erklärt habe, es handele sich insoweit nicht um anzeigepflichtige Umstände, weil nur tatsächliche Erkrankungen bzw. dauerhafte medizinische Beschwerden anzugeben seien. Dies habe ihm eingeleuchtet.

Er sei über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung zudem nicht hinreichend belehrt worden. Die in den „Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“ enthaltene Belehrung entspreche weder formal noch inhaltlich den Anforderungen aus § 19 Abs. 5 VVG.

Die Beklagte hat dies in Abrede gestellt und sich auf den Standpunkt gestellt, dass der Kläger auf die Gesundheitsfragen auch die Haut- und Wirbelsäulenbeschwerden hätte angeben müssen, welche die Beklagte zur Ablehnung des Versicherungsschutzes veranlasst hätten. Deshalb sei sie auch zur Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung berechtigt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage nach zeugenschaftlicher Vernehmung des Streitverkündeten stattgegeben. Der Versicherungsvertrag habe ungeachtet der Rücktritts- und Anfechtungserklärungen Bestand. Zwar habe der Kläger die im Antragsformular gestellten Gesundheitsfragen nicht richtig beantwortet, indem er seine Haut- und Wirbelsäulenbeschwerden nicht angab, jedoch habe er bewiesen, dass dies nicht vorsätzlich erfolgt sei. Insoweit habe der Streitverkündete im Rahmen seiner Zeugenvernehmung glaubhaft bestätigt, dass er die vom Kläger berichteten Behandlungen wegen Haut- und Wirbelsäulenbeschwerden in dem von ihm ausgefüllten Antragsformular nicht eingetragen habe, weil er diese für unerheblich gehalten habe. Damit hätten sowohl der Kläger als auch der für ihn tätige Versicherungsmakler im Hinblick auf die Falschangaben unvorsätzlich gehandelt.

Soweit der Streitverkündete wegen seines unzutreffenden Verständnisses vom Umfang der Gesundheitsfragen grob fahrlässig gehandelt habe, berechtige dies die Beklagte nicht zum Rücktritt, weil sie den Vertrag bei richtiger Information über den Gesundheitszustand des Klägers trotzdem, wenn auch zu anderen Bedingungen, abgeschlossen hätte.

Wegen der Argumentation im einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung zieht die Beklagte zunächst das Feststellungsinteresse des Klägers in Frage, weil dieser mittlerweile unstreitig anderweitig krankenversichert ist.

In der Sache sei das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Vertrag auch bei zutreffender Beantwortung der Gesundheitsfragen abgeschlossen worden wäre. Insoweit sei allein auf die Risikoprüfungsgrundsätze des Versicherers und nicht auf die laienhafte Wertung des Gerichts abzustellen. Dazu trägt die Beklagte im einzelnen näher vor.

Im Übrigen habe das Landgericht den Täuschungsvorsatz des Klägers zu Unrecht verneint. Diesem hätte sich die Gefahrerheblichkeit seiner Vorerkrankungen aufdrängen müssen.

II.

Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der streitgegenständliche Krankenversicherungsvertrag hat ungeachtet der Rücktritts- und Anfechtungserklärungen der Beklagten Bestand.

1.

Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig seine Anzeigepflichten bei Antragstellung verletzt hat. Der Beklagten stand schon deshalb kein Rücktrittsrecht zu, weil sie den Kläger nicht ordnungsgemäß durch „gesonderte Mitteilung in Textform“ iSd § 19 Abs. 5 S. 1 VVG auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat.

Dies ergibt sich aus formalen Mängeln der erteilten Hinweise. Bereits in der zum alten Versicherungsvertragsrecht entwickelten Relevanzrechtsprechung war allgemein anerkannt, dass die gebotene Belehrung sowohl drucktechnisch als auch hinsichtlich ihrer Platzierung so ausgestaltet werden musste, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen war. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber diese Anforderungen bei Übernahme des Belehrungserfordernisses in das neue Versicherungsvertragsgesetz abschwächen wollte. Vielmehr weisen die Gesetzesmaterialien – insbesondere zu dem Belehrungserfordernis in § 19 Abs. 5 VVG – aus, dass die Formerfordernisse der Belehrung mit dem Gebot einer „gesonderten Mitteilung“ im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verschärft werden sollten. Zwar mag sich die von der Rechtsprechung für jegliche Belehrung des Versicherers geforderte besondere Platzierung und/oder drucktechnische Hervorhebung der Belehrung gegenüber begleitendem Text ausnahmsweise dann erübrigen, wenn eigens für die Belehrung ein gesondertes Dokument erstellt wird. Lässt man jedoch die Aufnahme des Belehrungstextes in ein Fragebogenformular oder ein anderes Schreiben zu, ist im Gegenzuge weiterhin zu fordern, dass die Belehrung drucktechnisch so gestaltet sein muss, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (BGH, Urteil vom 09.01.2013, Az. IV ZR 197/11, VersR 2013, 297, Juris-Rn. 24, m.w.N., zu § 28 Abs. 4 VVG; ebenso Senat, Urteil vom 20.08.2014 zu Az. 20 U 267/13, n. v.; OLG Stuttgart, Urteil vom 13.03.2014 zu Az. 7 U 216/13, Juris-Rn. 65; VuR 2014, 985, Juris. Rn. 47).

Diesen formalen Anforderungen werden die im Antragsformular sowie den beigefügten Unterlagen enthaltenen Hinweise nicht gerecht.

Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Beklagte die Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG nicht in einem gesonderten Dokument erteilt, sondern sich dazu entschieden hat, im Antragsformular bzw. in den diesem beigefügten „Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“ bzw. in der gesondert unterschriebenen „Erklärung zum Antrag vom 19.12.2011“ (neben sonstigen Erklärungen und Hinweisen) Hinweise zu den Rechtsfolgen von Anzeigepflichtverletzungen unterzubringen. Maßgeblich ist danach, ob sich diese Hinweise so deutlich vom übrigen Text abheben, dass sie vom Versicherungsnehmer nicht zu übersehen waren.

a)

Dies ist im Hinblick auf die unter Ziffer 12 der dem Antragsformular beigefügten „Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“ erteilte Belehrung nicht der Fall.

Die Beklagte hat den Belehrungstext erst auf der zweiten Seite als letzte von 12 Ziffern der „Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“ untergebracht und diese lediglich mit einem dünnen schwarzen Rahmen umrandet, der die Belehrung schon deshalb nicht besonders hervorhebt, weil diese sich ohnehin über nahezu die gesamte Seite 2 erstreckt. Im Übrigen unterscheidet sich der Belehrungstext weder in der (durchweg kleinen) Schriftgröße oder Schriftart noch im Hinblick auf die fettgedruckten Überschriften vom übrigen Text. Das einheitliche Textbild sowie die Vielzahl an Hinweisen in den „Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“ (u. a. zu Wartezeiten, Tarifvarianten, Datenschutz etc.) bieten so keinerlei Gewähr dafür, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer gerade die in der letzten Ziffer über anderthalb Spalten ausgebreitete Belehrung zur Kenntnis nimmt. Diese geht im übrigen Text vielmehr vollständig unter.

b)

Die Beklagte hat die Aufmerksamkeit des Versicherungsnehmers auch nicht dadurch hinreichend deutlich auf die in Ziffer 12 enthaltene Belehrung gelenkt, indem sie auf der letzten Seite des Antragsformulars entsprechend hervorgehobene Hinweise erteilt hat. Weder die oben auf der Seite zu den Gesundheitsfragen formulierte Aufforderung zur Beachtung der „Ausführungen zur Bedeutung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gemäß § 19 Abs. 5 VVG unter Ziffer 12. der Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“ noch der im unteren Drittel der Seite zu den „Schlusserklärungen und Unterschriften“ erteilte Hinweis auf die „Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht (siehe Ziffer 12)“ sind drucktechnisch so gestaltet, dass sie vom Versicherungsnehmer nicht zu übersehen sind. Aufgrund des durchgehend kleinen Schriftbildes und des auch in anderen Textpassagen verwendeten Fettdrucks gehen diese Hinweise für den Versicherungsnehmer im dichtbedruckten Text des Antragsformulars vielmehr weitgehend unter, zumal andere Textpassagen nicht nur fett gedruckt, sondern zusätzlich mit einem Rahmen hervorgehoben sind. Die Aufmerksamkeit des Versicherungsnehmers wird bei der Lektüre des Antragsformulars und insbesondere bei der erst am unteren Seitenrand und somit gerade nicht im unmittelbaren Anschluss an die Hinweise zu leistenden Unterschrift so nicht zuverlässig auf die gebotenen Hinweise auf die in Ziffer 12 enthaltene Belehrung gelenkt.

Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, dass die im Antragsformular erteilten Hinweise zu den Rechtsfolgen von Anzeigepflichtverletzungen auch inhaltlich keine hinreichende Mitteilung iSd § 19 Abs. 5 VVG enthalten, weil sie nur allgemein auf die möglichen Rechtsfolgen verweisen, ohne über die Voraussetzungen dieser Rechtsfolgen im einzelnen aufzuklären (vgl. Prölss/Martin/Prölss, VVG 28. Aufl. 2010, § 19, Rn. 75).

c)

Schließlich ist auch mit der gesondert unterzeichneten „Erklärung zum Antrag vom 19.11.2011“ nicht hinreichend gewährleistet, dass der Versicherungsnehmer die Belehrung zu Ziffer 12 der „Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“ zur Kenntnis nimmt. Zwar ist auch in dieser Erklärung die mittig angebrachte Überschrift „Hinweis zur vorvertraglichen Anzeigepflicht“ fettgedruckt. Ebenso fettgedruckt sind aber der in großen Lettern gedruckte Titel „Erklärung zum Antrag vom“ sowie die Unterzeile „auf Krankheitskostenvollversicherung bei der C, C2“. Ansonsten hebt sich der im Übrigen im Fließtext gestaltete Hinweis nicht vom übrigen Text der zu unterzeichnenden Erklärung ab, die sich inhaltlich auf Zahlungsrückstände bei anderen Krankenversicherern bezieht und so die Aufmerksamkeit des Versicherungsnehmers primär auf die handschriftlich per Kreuzchen zu erteilende Bestätigung richtet. Zudem enthält die Erklärung auch inhaltlich keinen konkreten Hinweis auf Ziffer 12, sondern verweist allgemein auf die „Erklärungen auf den letzten Seiten Ihres Antrags“ und überlässt es so dem Versicherungsnehmer, sich entweder aus den unzureichend hervorgehobenen Hinweisen im Antragsformular selbst (s. o.) oder aus den umfangreichen „Erklärungen des Antragstellers“ aus den Ziffer 1 bis 12 die Informationen zu den Rechtsfolgen einer Anzeigepflichtverletzungen herauszusuchen. Mit einem solch allgemeinen Verweis wird der Versicherer seiner Pflicht zur „gesonderten Mitteilung in Textform“ indes nicht gerecht (vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 13.03.2014 aaO, Juris-Rn. 77).

Ebenso wenig wie die Hinweise im Antragsformular enthält der „Hinweis zur vorvertraglichen Anzeigepflicht“ in der „Erklärung zum Antrag“ zudem eine inhaltlich ausreichende Belehrung iSd § 19 Abs. 5 VVG, weil sie nur allgemein auf mögliche Rechtsfolgen verweist und sich im Übrigen in einem (unzureichenden) Verweis erschöpft.

2.

Die Erteilung einer iSd § 19 Abs. 5 VVG ordnungsgemäßen Belehrung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger seine Anzeigepflichten arglistig verletzt hat und die Beklagte so zur Anfechtung des streitgegenständlichen Vertrages berechtigte. Für die Annahme von Arglist genügt nicht bereits eine vorsätzlich unrichtige Angabe, wie sie das Landgericht im Übrigen mit überzeugender Begründung verneint hat. Die arglistige Täuschung im Sinne von § 22 VVG, § 123 BGB setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zweck der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der Versicherungsnehmer muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt. Auf eine solche Absicht lässt sich nicht allein aufgrund von Falschangaben im Versicherungsantrag schließen. In subjektiver Hinsicht setzt die Annahme von Arglist vielmehr zusätzlich voraus, dass der Versicherungsnehmer erkennt und billigt, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde. Dabei kann der vom Versicherer zu führende Beweis im Wege von Indizien geführt werden, die etwa im Falle schwerwiegender Erkrankungen anzunehmen sein können. Insoweit ist der Versicherungsnehmer gehalten, eine plausible Erklärung für das Verschweigen gefahrerheblicher Erkrankungen vorzubringen (vgl. nur Senatsurteil vom 17. August 2007 – 20 U 26/07 –, Juris-Rn. 50 m. w. N.).

Den ihr obliegenden Arglistnachweis kann die Beklagte hier nicht führen. Aus der vor dem Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme hat sich vielmehr ergeben, dass der Kläger bzw. sein für ihn tätiger Versicherungsmakler aus plausiblen Gründen auf die Mitteilung der – für sich betrachtet schon nicht schwerwiegenden – Wirbelsäulen- und Hautbeschwerden verzichteten. Beide gingen angesichts der unproblematischen Behandlung der nicht mitgeteilten Beschwerden davon aus, dass diese für die Vertragsentscheidung der Beklagten keine Rolle spielen würden. Dies ist nachvollziehbar, weil der Kläger sich nur in größeren zeitlichen Abständen einrenken bzw. eine Salbe wegen seiner trockenen Haut verschreiben ließ. Dass die Beschwerden umfassender waren, so dass sich die Gefahrerheblichkeit dem Kläger aufdrängen musste, trägt die Beklagte nicht vor. Selbst wenn der für den Kläger tätige Versicherungsmakler nach Wertung des Landgerichts hätte erkennen können, dass die Beklagte auch Mitteilungen über solche eher geringfügigeren Beschwerden verlangt hatte, lässt dies allenfalls den Schluss auf ein fahrlässiges Verhalten des Maklers zu, nicht aber auf den Vorsatz im Hinblick auf die damit bewirkte Versicherungszusage der Beklagten. Erst recht ist so nicht bewiesen, dass dem Kläger selbst bewusst war, eine für die Beklagte relevante Information zurückzuhalten.

Das Landgericht hat die Wirksamkeit des streitgegenständlichen Vertrages damit zu Recht bejaht.

3.

Soweit die Beklagte mit ihrer Berufungsbegründung das Feststellungsinteresse des Klägers deshalb in Frage gestellt hat, weil dieser nach Mitteilung seines Prozessbevollmächtigten mittlerweile anderweitig krankenversichert ist, übersieht sie, dass die begehrte Feststellung ihrer vertraglichen Bindung u. a. für die Frage von Schadensersatzansprüchen des Klägers wegen des unberechtigten Rücktritts (doppelte Prämienbelastung) von Belang ist.

Die Berufung hat nach alledem keine Aussicht auf Erfolg.

III.

Auf die Kostenreduzierung im Falle einer Berufungsrücknahme (KV-Nr. 1222) wird hingewiesen.

Quelle:

Entscheidungsdatenbank des Landes Nordrhein-Westfalen / nrwe.de

 

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